Reichsbürgerprozess: Justiz auf dem rechten Auge teilerblindet (mit Kommentar)

 Am 21.01. und 04.02.2022 wurde der Prozess weitergeführt und fand an diesem Freitag vorerst seinen Abschluss.

 

 

Gegenstand des zweiten Verhandlungstages (21.01.) war es primär mehr über die Angeklagten zu erfahren und einen Zeugen vor Gericht zu hören. Drei Mitangeklagte minder verurteillt. Und Nazi Druide auch billig davon gekommen.

Die Vorsitzende am Landgericht verlies das Protokoll eines Rechtsgesprächs vom ersten Verhandlungstag, welches RA Pennecke (Mandant Karl B.) eingefordert hatte.

Ziel von Pennecke war es, seinem Mandanten eine Haftstrafe zu ersparen. Die anderen Parteien schlossen sich im Rechtsgespräch gegen die von Pennecke vorgeschlagene Taktik in Teilen aus.

Die drei Mitangeklagten zeigten sich am zweiten Verhandlungstag vollumfänglich schuldig und belasteten den Hauptangeklagten Neodruiden Karl B. in ihren vor Gericht teilweise vorgetragenen Aussagen in Schriftform. Einer aus dem Trio fehlte krankheitsbedingt vor Gericht. Konnte die Anreise aus Ungarn, so sein Anwalt, nicht antreten. Alle Strafverteidiger plädierten für einen raschen Prozess, da sämtliche ihrer Mandanten krank seien; die Belastung durch den Strafprozess verkürzt werden solle.

Staatsanwalt Röber kündigte an, Strafen von mindestens 3 Jahren plus Auflagen beantragen zu wollen.

Überraschend verkündet wurde, dass auch der Hauptangeklagte Karl B. sich umfänglich geständig zeigt. Im Lebenslauf, der vor Gericht vorgetragen wurde, fehlte der Umstand, dass der Neonazidruide jahrelang als selbstständiger Unternehmer auf Mittelaltermärkten und mit einem Onlineshop tätig war.

Die Angeklagten zeigten sich einverstanden mit dem Verzicht auf die Herausgabe konfiszierter Gegenstände durch die Ermittlungsbörden. Nur in einem Fall blieb es offen, ob der Mitangeklagte mit Wohnort in Ungarn etwa seinen veralteten PC wieder haben möchte.

Zeugenaussage des LKA-Beamten

Der LKA-Beamte (28 Jahre, POK aus Stuttgart) war Teil des Ermittlungsteams in Baden-Württemberg. Er war der einzige Zeuge, der vor Gericht geladen war an diesem Tag. In seinen Einlassungen wurde erwähnt, dass Karl B. LKA-Behörden schon länger bekannt sei. Laut der Ermittlungsakte hätte sich das Quartett gemeinschaftlich diverser Straftaten schuldig gemacht. Belegt werden könnten diese durch bspw. den Erkenntnissen eines verdeckten Ermittlers, Observierungen und durch Telekommunikationsüberwachung. Dem verdeckten Ermittler sollen ein Schiesskugelschreiber und Munition zum Kauf angeboten worden sein. Belegt sei auch der Verkauf der angebotenen Artikel. Die Mitangeklagten werden als Beschaffer, sprich Erfüllungsgehilfen beschrieben, und andererseits als Macher. Klassische Arbeitsteilung. Desweiterem wurde dem Quartett eine grundsätzliche Zugehörigkeit zur gewaltbereiten Reichsbürgerszene attestiert. Antisemitismus und dergleichen mehr. Bei einem der Angeklagten wurde auch kinderpornografisches Material auf dessen PC gesichert. Bei Durchsuchungen wurden Plakate mit Adolf Hitler-Portraits, Hakenkreuz- und Reichsadlersymbolen sichergestellt. Bekannt wurde auch, dass der Hauptangeklagte dazu aufgerufen haben soll, Siedlungsräume zu suchen und Gruppen zu bilden, um abgeschirmt leben zu können. Konkret im Fokus scheint ein landwirtschaftliches Gehöft im Raum Nebra (Sachsen-Anhalt) gestanden zu haben. Laut den Aussagen lebt der Hauptangeklagte seit einigen Jahren dauerhaft auf einem Campingplatz im Raum Querfurt in zwei mit Verschlägen umbauten Wohnwägen. Zudem ist gegen Karl B. ein weiteres Verfahren anhängig: in Halle/Saale wegen mutmaßlich illegalem Waffen-/Munitionsbesitz und Anstiftung zu weiteren Straftaten. 

Verfahrensabtrennung und erste milde Urteile (21.01.2022)

Das Landgericht Mannheim entschied, dass das Verfahren gegen Karl B. abgetrennt wird. Die drei mitangeklagten Täter erhielten aufgrund ihrer Geständnisse, der langen Verfahrensdauer milde Urteile zwischen 3 und 18 Monaten auf Bewährung.

Neo-Nazi-Druide kommt mit Bewährungsstrafe davon

Am dritten und zunächst letzten Verhandlungstag am Landgericht Mannheim wurde ein Urteil gesprochen.

Vor Gericht verlesen wurde was über den Neo-Drudien im Bundeszentralregister steht. U.a.

  • 2006: Betrugsdelikt und fehlender Versicherungsschutz
  • 2011: fehlender Kfz-Versicherungsschutz
  • 2012: Fahren ohne Führerschein
  • 2013: Körperverletzung
  • 2016: Volksverhetzung in 9 Fällen
  • 2019: Waffen- und Munitionsbesitz

Erneut sagte als einziger Zeuge vor Gericht am 04.02.2022 nur der LKA-Beamte aus Stuttgart aus. Dieser brachte zur Verhandlung umfangreiche Aservate mit und beschreib diese bei der Präsentation sinngemäß so (Beispiele):

  • Wühlmaussprengfalle: zur Hand-Schusswaffe umgebaute Fallen im Kaliber 9mm; auf kurze Distanz mit tödlicher Wirkung
  • Schiesskugelschreiber: im Kleinkaliber .022Lfb; auf kurze Distanz mit tödlicher Wirkung
  • Slamgun; Rohrkonstruktion mit Nadelzündung für Schrotmunition; auch auf längere Distanz potenziell tödlich (Anm. der Red.ähnlich der Waffen vom Anschlag auf die Synagoge in Halle/Saale)

 

Der Zeuge bescheinigte dem Karl B. ein rassistisches, antisemitisches, antimuslimisches Gebahren, Offline- wie online. Mit eindeutiger Zugehörigkeit zur Reichsbürgerszene. Darüber hinaus auch eine deutliche Gewaltaffinität: Geprägt durch Hass auf Juden und Migranten, alle staatlichen Institutionen, die Presse usw..

Im Prozessverlauf verzichteten alle Parteien auf die Einbestellung weitere Zeugen.

 

Die Plädoyers am 04.02.2022 und das Urteil

Staatsanwalt Röber trat schwach auf und konträr entgegen seiner ursprünglichen Forderung mindestens 3 Jahre plus zu fordern und im Vergleich mit seiner einem entlastenden Umstand für den Hauptangeklagten. Sinngemäß: „Trotzt schwacher Sozialprognose, schließt die Staatsanwaltschaft eine Wiederholungsgefahr aus.“

RA Pennecke versuchte seinen Mandanten, als Opfer übergriffiger SEK-Gewalt zu stilisieren. „Gerechtfertigt seien die Mittel gewesen, aber nicht maßvoll“, so der Tonus des Druiden-Anwalts vor Gericht. Der RA trat argumentativ und sprachlich laienhaft auf. Sagte sinngemäß „Ich kann keinen Gesetzesparagrafen nennen zur Entlastung meines Mandanten; der Staatswalt kann dies viel besser.“ Es war auch Pennecke, der den Begriff „Wehrdorf“ in seinem Vortrag erstmalig im Prozess einbrachte, um dem angedachten völkischen Siedlungsprojekt seines Mandanten einen Anschein von „Verteidigigung“ gegen was auch immer, geben zu wollen.

Im Namen des Volkes – das Urteil:

Karl B. wurde zu 1 Jahr und 9 Monaten auf Bewährung (2 Jahre) verurteilt. Zudem zu einer Geldstrafe von € 1300 wegen Volksverhetzung und Holocaustleugnung.

Dem Verurteilten wurde seitens Gericht, ab sofort, verboten sich jemals wieder volksverhetzend zu äußern. Während der Bewährungszeit darf Karl B. keine Waffen und Munition erwerben und besitzen. Ferner wurde ihm verboten PC, Laptop, Tablet und Smartphone zu benutzen, um in sozialen Netzwerken aktiv zu sein.

Richterin Krenz am Landgericht Mannheim betonte bei ihrer Urteilsbegründung u.a. die extrem staatsfeindliche Einstellung des erneut Verurteilten, dessen generelle Lust auf Gewalt, dessen Obsession gegen jede Rechtsstaatlichkeit und mahnte den Karl B. zum Nachdenken an.

 

(Kommentar):

„Ganz ehrlich, ich kann unsere Justiz in diesem Fall nicht verstehen. Dieses gewalt-bereite Quartett + X erhält wegen was genau Strafminderungen? Pandemie, andere Prioritäten…Die olle Holocaustleugnerin Haverbeck sitzt zu Recht im Knast. Dort sollte auch der Neo-Nazi-Druide Karl B. meiner Meinung nach sitzen. Wenn nun der LKA-Beamte, als Zeuge im Prozess, genauso sauer über diese Urteile ist, wie ich und andere Personen…dann befinden wir uns auf einem guten Weg“

 

 

Das mündliche Urteil ist spätestens 1 Monat nach schriftlicher Zustellung rechtskräftig, insofern keine Einsprüche zuvor geltend gemacht werden.

Die RNZ (Rhein-Neckar Zeitung) wird demnächst über diese Erkenntnisse berichten:

Voraussichtlich im Frühjahr dieses Jahres wird dem „Druiden“ erneut der Prozess gemacht, diesmal vor dem Amtsgericht Merseburg. „Der Termin ist für Mai beabsichtigt, die Abstimmung mit dem Verteidiger steht noch aus“, sagte Amtsgerichtsdirektor Markus Niester auf Anfrage der Rhein-Neckar-Zeitung. Die Staatsanwaltschaft Halle (Saale) wirft dem 71-Jährigen nach Angaben einer Sprecherin Billigung von Straftaten und Volksverhetzung vor.  Niester konkretisierte, dass der „Druide“ nach dem Mord am Kasseler Regierungsprädienten Walter Lübcke im Sozialen Netzwerk VK.com geäußert haben soll, das Tötungsdelikt dürfe kein Einzelfall bleiben, alle Deutschfeinde würden jetzt hingerichtet. Wie der Amtsgerichtsdirektor weiter erklärte, soll Karl Burghard B. zu anderen Zeitpunkten mitgeteilt haben, der Holocaust sei eine Lüge. Er bezog sich dabei auf die „Protokolle der Weisen von Zion“. Ferner soll der „Druide“ laut Niester die beiden Weltkriege als „jüdische Kriege“ bezeichnet haben, zur „Vernichtung der Deutschen“.

(Bericht, Kommentar und Fotos: Rick de la Fuerte)

ARP hatte berichtet

https://antifareportpfalz.noblogs.org/archive/985