Dr. Kristina Hänel vor Gericht erfolgreich / „Babycaust“-Macher Annen verurteilt

Klaus Günter Annen, selbsternannter Lebensschützer und fanatischer Abtreibungsgegner, wurde am 15.02.2022 erneut verurteilt. Diesmal wegen Beleidigung. Ein weiteres Verfahren wegen Volksverhetzung ist vor Gericht noch anhängig.

Annen kommt mit € 1.200-Strafe billig davon und kann seine online-Hetze weiterbetreiben

Dr. Kristina Hänel konnte zumindest einen Teilerfolg erzielen. Beleidigungen seitens des verurteilten Annen muss sie ab sofort nicht mehr hinnehmen. Voraussgegangen war ein Strafgeldbescheid gegen Annen, welcher dieser zurückwies.

Erklärung von Frau Dr. Hänel vor dem Prozess:

Am 15.2. findet vor dem Amtsgericht Weinheim ein Strafverfahren gegen Klaus Günter Annen statt, den Betreiber der Webseite „babycaust“. Ich werde als Zeugin sprechen. Das Gericht hat Strafbefehl gegen Annen erlassen. Es sieht den Tatbestand der Beleidigung meiner Person als erfüllt an, d.h. es erachtet seine Äußerungen als strafwürdig. Die unsägliche Hetze durch die Vergleiche des Schwangerschaftsabbruchs mit den Verbrechen des Holocaust ist bisher nicht berücksichtigt im Strafbefehl. Wir hoffen, dass dieses Thema vor Gericht noch thematisiert wird.

Dieser Vergleich ist ein Schlag ins Gesicht aller Opfer des Holocaust und ist völlig inakzeptabel. Die im Nationalsozialismus begangene systematische Vernichtung lässt sich mit nichts vergleichen. Klaus Günter Annen stellt diesen Vergleich seit Jahren auf seiner Webseite her. Er vergleicht Zahlen der Opfer der Terrorherrschaft mit Zahlen von durchgeführten Schwangerschaftsabbrüchen und sagt, ja, es gebe eine Steigerungsform der grausamen Verbrechen der Nationalsozialisten und meint damit

Schwangerschaftsabbrüche. Auf seiner Webseite findet sich das Tor von Auschwitz neben einem gynäkologischen Stuhl auf dem eine Frau liegt. Wenn das nicht eine Verharmlosung des Holocaust darstellt, was dann?

Klaus Günter Annen greift damit gezielt eine Gruppe an, nämlich Ärztinnen und Ärzte, die legale Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Er stellt sie auf seiner Webseite persönlich an den Pranger, schüchtert sie ein, verfolgt sie immer wieder mit E-Mails und Strafanzeigen. In meinem Fall schickte er diffamierende E-Mails sogar in den Umkreis von Veranstaltungen und Lesungen, bat darum, mich auszuladen und gab schlechte Google-Bewertungen über meine Arztpraxis ab etc.

Indem Klaus Günter Annen die Verbrechen des Holocaust in einen direkten Vergleich mit

Schwangerschaftsabbrüchen stellt, stachelt er zu Hass und Gewalt gegen die betroffenen Ärztinnen und Ärzte auf. Er suggeriert damit, dass ein gewaltsamer Widerstand, der damals moralisch integer rund geboten war, womöglich heute gegen uns Ärztinnen und Ärzte auch integer und geboten sein könnte. Letztlich legitimiert er damit scheinbar etwaige gewalttätige Angriffe gegen uns und setzt durch seine aggressiven Emotionalisierungen Hemmschwellen herab.

Ohnehin ist die Zahl derjenigen stetig zurückgegangen, die bereit sind, Frauen beim

Schwangerschaftsabbruch medizinisch zu versorgen. Die ständige Bedrohung ist ein Grund für diesen Rückgang. Ich habe Verständnis für alle Kolleginnen und Kollegen, die sich dem nicht aussetzen wollen.

Sollte das Gericht diesen Aspekt aufgreifen und ein entsprechendes Urteil fällen, wäre dies ein wichtiges Signal für alle betroffenen Ärztinnen und Ärzte.“

 

Das gefällte Urteil gegen Annen kann das feministische Frauenbündnis Heidelbergn und Frau Dr. Hänel nicht zufrieden stellen. Das Bündnis hatte erfolgreich zu einem Protest am Verhandlungstag aufgerufen.

Weiter anhängig vor Gericht gegen Annen ist eine Anzeige wegen Volksverhetzung durch das Institut für Weltanschauungsrecht (Oberwesel).

Zitat aus der Anzeige des IWF, die dem Autor vorliegt:

Staatsanwaltschaft Gießen

Marburger Straße 2

35390 Gießen

Vorab per E-Mail

  1. Februar 2021
  2. des Verdachts der Volksverhetzung in der Alternative des Verharmlosens nach § 130 III Fall 3 StGB in Tateinheit mit Beleidigung nach

 

  • 185 StGB durch das Gleichsetzen der medizinischen Tätigkeit Frau Hänels (und weltweit vorgenommener Abtreibungen) mit dem national-sozialistischen Völkermord.

Frau Hänel ist Fachärztin für Allgemeinmedizin und Inhaberin einer hausärztlichen Praxis. Sie bietet dort neben klassischer hausärztlicher Versorgung auch das volle Spektrum medizinischer Versorgung zum Thema Frauengesundheit an, darunter auch Schwangerschaftsabbrüche. Auf diese ärztliche Tätigkeit beziehen sich die hier vorgetragenen Äußerungen des Bean-zeigten. Die Anzeige umfasst mehrere ehrverletzende und volksverhetzende Aussagen auf einer vom Beanzeigten betriebenen und verantworteten Web-site, auf der gegen Schwangerschaftsabbrüche agitiert wird.1

1 Zum einen: www.babykaust.de; zum andern: www.abtreiber.com. Zum jeweiligen Impres-sum siehe dort und in der Anlage 1 zu dieser Anzeige: Abbildung 10. DIREKTORIUM Dr. Thorsten Barnickel Dr. Gerhard Czermak Dr. Jacqueline Neumann Dr. Winfried Rath Dr. Dr. h.c. Michael Schmidt-Salomon BEIRAT Dr. Ernst-Heinrich Ahlf Prof. Dr. Ninon Colneric Prof. Dr. Michael Hassemer Johann-Albrecht Haupt Prof. Dr. Rolf Dietrich Herzberg Prof. Dr. Dr. Eric Hilgendorf Prof. Dr. Martin Kutscha Ingrid Matthäus-Maier Prof. Dr. Reinhard Merkel Ludwig A. Minelli Dr. Till Müller-Heidelberg Prof. Dr. Dres. h.c. Ulfrid Neumann Prof. Dr. Bodo Pieroth Prof. Dr. Holm Putzke Eberhard Reinecke Prof. Robert Roßbruch Prof. Dr. Jörg Scheinfeld Rolf Schwanitz Dr. Johannes Wasmuth

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zuvor schon hatte Frau Hänel den Beanzeigten wegen anderer auf der Website getätigter ehrverletzender Äußerungen verklagt und am 15.01.2021 ein Urteil vor dem LG Hamburg erstritten (Az. 324 O 290/19). Diese zivilrechtlich verfolgten Äußerungen sind nicht Gegenstand dieser Anzeige.

Nach dem Hamburger Urteilsspruch beauftragte das Institut für Weltanschauungsrecht (ifw) Rechtsanwalt Christian Roßmüller die Webseiten des Beanzeigten insgesamt daraufhin zu prüfen, ob sich dort verfolgbare Äußerungen finden. Diese Prüfung hat ergeben, dass der Beanzeigte sich dort mehrfach in strafrechtlich relevanter Weise äußert. Frau Hänel wurde auf diese weiteren Äußerungen des Beanzeigten, die sich auf seiner Website finden, hingewiesen und hat unter Bezugnahme auf die hiesige Strafanzeige am heutigen Tag Strafantrag wegen aller in Betracht kommenden Delikte gestellt.

  1. Vorbemerkung

Vor der Schilderung des Sachverhalts sei noch in der gebotenen Kürze auf die Einordnung des ärztlichen Schwangerschaftsabbruchs und auf seine rechtliche Bewertung eingegangen:

Der legale Schwangerschaftsabbruch ist stets Ausdruck einer Abwägung grundrechtlicher Interessen, bei der die Selbstbestimmung und psychische Gesundheit der Schwangeren auf einer Seite der Abwägung stehen. Die Schwangere fällt eine ihr zustehende Einzelfallentscheidung, die ihr nicht leichtfällt. Das Bundesverfassungsgericht erklärt es für grundrechtskonform, dass das einfache Recht der Schwangeren dafür die Letztverant-wortung einräumt.2 Das heißt genauer: Der Schwangeren steht es im Falle legalen Schwangerschaftsabbruchs in verfassungsgemäßer Weise zu, (nach Beratung) ungestört und frei über den Schwangerschaftsabbruch zu

2 BVerfGE 88, 268, 270, 297, 318. DIREKTORIUM Dr. Thorsten Barnickel Dr. Gerhard Czermak Dr. Jacqueline Neumann Dr. Winfried Rath Dr. Dr. h.c. Michael Schmidt-Salomon BEIRAT Dr. Ernst-Heinrich Ahlf Prof. Dr. Ninon Colneric Prof. Dr. Michael Hassemer Johann-Albrecht Haupt Prof. Dr. Rolf Dietrich Herzberg Prof. Dr. Dr. Eric Hilgendorf Prof. Dr. Martin Kutscha Ingrid Matthäus-Maier Prof. Dr. Reinhard Merkel Ludwig A. Minelli Dr. Till Müller-Heidelberg Prof. Dr. Dres. h.c. Ulfrid Neumann Prof. Dr. Bodo Pieroth Prof. Dr. Holm Putzke Eberhard Reinecke Prof. Robert Roßbruch Prof. Dr. Jörg Scheinfeld Rolf Schwanitz Dr. Johannes Wasmuth

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entscheiden und ihn durchführen zu lassen, also insbesondere ohne jede nachteilige rechtliche Konsequenz.3

Von der Rechtsordnung wird der Schwangerschaftsabbruch bei Einhaltung der gesetzlichen Regelungen denn auch – selbst wo nur ein Tatbestands-ausschluss greift (§ 218a StGB) – als rechtmäßig behandelt.4 Dies springt ins Auge, wenn man einige Rechtsfolgen des Schwangerschaftsabbruchs betrachtet, die das Bundesverfassungsgericht betont: Die Verfassungsrichter sehen es als eine staatliche Pflicht an, „ein ausreichendes und flächendeckendes Angebot sowohl ambulanter als auch stationärer Einrichtungen zur Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen sicherzustellen“5 (siehe einfachgesetzlich § 13 Abs. 2 SchKG); die Erfüllung dieser Pflicht ist eine Staatsaufgabe;6 die ärztliche Tätigkeit des „beratenen“ Schwangerschaftsabbruchs unterfällt dem Grundrechtsschutz der Berufsfreiheit aus Artikel 12 Abs. 1 GG.7

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage ist es besonders plausibel, dass Äußerungen, wie der Beanzeigte sie auf seiner Webseite tätigt, nach der Einschätzung des deutschen Auschwitz-Komitees „auf menschenverachtende und für die Opfer verletzende Weise den Holocaust“ relativieren und „die von den Nazis Ermordeten“ verhöhnen sowie „damit Ärzte, die Frauen in Notlagen helfen“, verunglimpfen.8 Die Bildungsstätte Anne Frank fordert: „Wer Schwangerschaftsabbrüche mit der systematischen Verfolgung und Vernichtung von Jüdinnen und Juden im Nationalsozialismus gleichsetzt und Ärztinnen und Ärzte mit faschistischen Mördern, muss…“

Klaus Günter Annen, „Babycaust-Hool“

wird auf absehbare Zeit noch die Justiz beschäftigen. Der pensionierte Kaufmann kann sich weiterhin von daheim aus als Internet-Hardcore-„Lebensschützer“-Hool austoben, solange ihm keine Haftstrafe droht. Staatsanwältin Melanie Reichert ist dafür bekannt, dass sie auch Wiederholungstätern auf den Fersen ist und solide Arbeit vor Gericht macht.

Weiterführender Link

https://www.antifainfoblatt.de/tags/klaus-g%C3%BCnter-annen

(Bericht: Rick de la Fuerte, Fotos: Feministisches Bündnis Heidelberg und Omas gegen Rechts Rhein-Neckar)