Ein verletzter Waldkauz wurde am Straßenrand aufgefunden und musste später, nach in Obhutnahme durch den NABU, von einer Tierärztin in Bad Dürkheim von seinen Verletzungen erlöst werden. Das Tier wurde eingeschläfert. Hätte es für den Greifvogel in einer Notsituation besser laufen können, wenn der kommerzielle Familien- und Erlebnis-Kurpfalzpark mit angeblich professioneller Falknerei (Greifvogelschau) Erste Hilfe geleistet hätte?
Was war geschehen am 14.07.2022 zwischen Wachenheim und Lindenberg?
Am Morgen dieses Tages befuhr ein Natur- und Tierfreund die Landstraße durch den Pfälzer Wald zwischen Wachenheim und Lindenberg. Kurz vor 9 Uhr erblickte der Pendler auf dem Weg zur Arbeit ein verletztes Tier am Straßenrand. Ein Waldkauz war es, dessen linker Flügel gebrochen schien. Dem Tierfreund gelang es den Kauz behutsam einzufangen und zu sichern. Telefonate mit Polizeidienststellen in Haßloch und Bad Dürkheim führten zu dem Tipp, dass das Tier dem Falkner des Kurpfalz-Park zur Erstversorgung zu übergeben wäre. Gesagt, getan. Aber die Annahme des verletzten Tiers wurde mutmaßlich vom (sachkundigen) Falkner des Kommerzbetriebs abgelehnt. Mit der fadenscheinigen Begründung, wie sich später herausstellte, dass man sich bei der Annahme eines Wildvogels strafbar machen würde.
NABU Mittelhaardt hilft in der Not
Weitere Telefonate führten dann zur Kontaktaufnahme mit der Wildvogelaufnahmestation des NABU in Bad Dürkheim. Der zuständige sach- und fachkundige Falkner der Tierschutzorganisation (Name der Redaktion bekannt) übernahm das verletzte Tier rund 80 Minuten nach dem Auffinden an einem verabredeten Ort in Bad Dürkheim. Dort untersuchte er das Tier routiniert und mit der gebotenen Ruhe. Und stellte bereits mindestens einen Bruch am Flügel des ansonsten vitalen Waldkauzes fest. Ein Tierarztbesuch war jetzt angesagt. Finder und Falkner vereinbarten sich am Folgetag zu telefonieren.
Kurpfalz-Park hüllt sich in Schweigen – Tierschutzorganisation Peta stellte Strafanzeige
Terminierte schriftliche Presseanfragen des Autors ließ das Management des Parks genauso unbeantwortet verstreichen, wie das Angebot eines ergänzenden Telefonats am Montag, den 18.07.2022.
Die Tierschutzorganisation Peta stellte bereits Ende 2021 auch gegen den Kurpfalz-Park in Wachenheim Strafanzeige. Wir dokumentieren hier die entsprechende Pressemitteilung:
„Ein trauriges Leben in Ketten
Zwischen Juni und Oktober 2021 entstandene Aufnahmen aus verschiedenen deutschen Tierparks mit Greifvogelhaltung zeigen, dass die „Herrscher der Lüfte“ dort regelrecht vor sich hinvegetieren. Den Großteil ihres Lebens verbringen die Tiere in Bodennähe angeleint. Wenn die angebundenen Wildvögel versuchen zu fliegen, werden sie von dem Lederriemen an ihren Füßen zurückgerissen. Ein paar kurze Hüpfer zwischen den Sitzmöglichkeiten sind alles, was ihnen die meiste Zeit über an Bewegung möglich ist. Einige Tiere knabbern auch an den Fußfesseln, um sich zu befreien. …Im November 2021 haben wir von PETA Deutschland die Verantwortlichen von acht deutschen Tierparks mit Greifvogelhaltungen wegen mutmaßlichen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz angezeigt. Laut § 2 Nr. 1 des Tierschutzgesetzes muss ein Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend ernährt, gepflegt und verhaltensgerecht untergebracht werden. In der „falknerischen“ Anbindehaltung sind Greifvögel und Eulen jedoch erheblich in ihrem natürlichen Flugverhalten eingeschränkt.
Diese Tierparks mit Anbindehaltung wurden von uns angezeigt:
- Kurpfalz-Park Wachenheim (Rheinland-Pfalz)
- Tierpark Sababurg (Hessen)
- Wild- und Freizeitpark Willingen (Hessen)
- Wildtierpark Edersee (Hessen)
- Wildparadies Tripsdrill (Baden-Württemberg)
- Wildpark Schloss Tambach (Bayern)
- Wisentgehege Springe (Niedersachsen)
- Wildpark Gangelt (Nordrhein-Westfalen)
Wir setzen uns dafür ein, dass die Anbindehaltung von Greifvögeln, Falkenartigen und Eulen in Deutschland verboten wird. Mit Ausnahme von Rehabilitationsmaßnahmen in anerkannten Auffangstationen haben die Wildvögel nichts in Gefangenschaft zu suchen. Sie gehören in Freiheit. …“ (Zitate aus einer Pressemitteilung von Peta am 15.11.2021)
Tierwohl quo vadis?
Der Falkner des NABU und der Pendler telefonierten am Folgetag nach dem Auffinden miteinander. Die traurige Nachricht war für den Tierfreund, der sich der Ersthilfe annahm, dass der leicht untergewichtige Waldkauz eingeschläfert werden musste. Die tierärztliche Untersuchung hatte nach dem Röntgen ergeben, dass Elle und Speiche des linken Flügels zweimal gebrochen waren. Keine Option für das Weiterleben eines unberingten Wild-Greifvogels. Die Erlösung von den Qualen, keiner weiss, wie lange das Tier nach einer vermutlichen Kollision mit einem Kraftfahrzeug schon am Straßenrand dahindarbte, war die dem Tierwohl am besten entsprechende Lösung.
Der NABU-Falkner übt Kritik am Verhalten des Kurpfalz-Park. Der dort beschäftigte Falkner ist als sach- und fachkundig bekannt. Das Tierwohl in der Notsituation hätte Vorrang vor Kommerzinteressen haben müssen. Der verletzte Waldkauz hätte auch dort untersucht und an eine qualifizierte Veterinärpraxis übergeben werden können, um das Tierleid zu minimieren. Dies sei aber, so der NABU-Falkner, kontraproduktiv für den Erlebnispark (jährlich rund 150.000 BesucherInnen; Bruttoumsatz geschätzt: 1,5 – 2 Mio €), da dies das wenige qualifizierte Personal binden und damit zusätzliche Kosten im Regelbetrieb verursachen würde.
Das Tierschutzgesetz sagt sinngemäss:
„Niemand macht sich strafbar, der ein verletztes Wildtier aufnimmt und dieses binnen 48 Stunden an eine fach- und sachkundige Stelle abgibt (i.d.Regel Tierarztpraxis-/klinik; kostenfrei für Tierfinder in Rheinland-Pfalz). Strafbar hingegen macht man sich, wenn man erkennbares Tierleid begeht oder begünstigt,,,“
Der NABU-Mittelhaardt mit der Wildvogelauffangstation in Bad Dürkheim ist spendenfinanziert. Unterstützt wurde die Organisation z.B. in Haßloch auch mit Mitteln der Kreisverwaltung Rhein-Pfalz.
(Bericht: Rick de la Fuerte / Fotos: wie angegeben)
Weiterführende Links:
Peta-Link mit Video auch aus dem Kurpfalzpark Wachenheim
https://www.peta.de/neuigkeiten/anbindehaltung-greifvoegel/
Rhein-Pfalz-Kreis fördert Greifvogelstation Haßloch: Wichtige Arbeit für heimische Vögel