Gut 30 Nazis von NPD und DIE RECHTE erschienen am 7. November zu einer Kundgebung gegen das Verbot ihrer innig geliebten Reichsflaggen in Alzey. 150 Antifaschist*innen eines breiten Bündnisses stellten sich ihnen entgegen. Die Polizei schützte mit schätzungsweise 300 Einsatzkräften den eigens auf dem Bahnhofsvorplatz aufgebauten Nazi-Käfig.
Die Not muss groß sein bei den Nazis von NPD und DIE RECHTE unserer Region. Nach dem grandiosen Flop der einstigen Großdemo „Tag der Deutschen Zukunft“ im Juni in Worms folgte nun der zweite gemeinsame Auftritt der sonst verfeindeten rechtsextremen Kleinstparteien. Trotz des für die Nazis wichtigen Themas und der Unterstützung durch Christian Worch (Die Rechte Bundesvorstand) konnten Florian Grabowski und André Millenautzki (beide Die Rechte Südwest) und Markus Walter und Ricarda Riefling (beide NPD Westpfalz) lediglich gut 30 Kamerad*innen in die rheinhessische Kleinstadt mobilisieren. Selbst der eigens aus dem Nachbar-Bundesland angereiste „Führer“ des NPD Landesverbands Baden-Württemberg und des NPD Kreisverbands Rhein-Neckar Jan Jaeschke reihte sich mühelos in die klägliche Vorstellung ein. Der in den immer gleichen Reden angekündigte entschlossenen Widerstandskampf des „Deutschen Volkes“ stand im krassen Widerspruch zu ihrem kläglichen Auftreten. Widerstandslos ließen sich die Nazis in ihren Käfig führen und fügten sie sich den Anweisungen der Polizei. Stattdessen beklagten sich Grabowski und Worch in ihren Reden mit großer Jammerei über den antifaschistischen Gegenprotest.
Ein breites gesellschaftliches Bündnis organisierte eine Gegenkundgebung in unmittelbarer Nähe zu den Nazis, an der in der Spitze ca. 100 Menschen teilnahmen. Die im Bündnis vertretene SPD packte allerdings vorzeitig zusammen und ging wohl zu Kaffee und Kuchen über. Antifaschistische Gruppen hatten darüber hinaus im Vorfeld zu Blockaden aufgerufen. Da aufgrund der Corona-Beschränkungen der geplante Marsch der Nazis durch die Innenstadt verboten wurde, gab es spontanen direkten Protest von ca. 50 Antifaschist*innen. So waren die Nazis vom Gegenprotest regelrecht eingekreist. Die Demosanitäter*innen der Sanitätsgruppe Süd-West sicherten die Proteste ab, mussten nach unserer Kenntnis zum Glück keine Verletzen versorgen.
Wie zuletzt bei allen Kleinstaufmärschen der Nazis in der Region fiel in Alzey der überdimensionierte Einsatz der Polizei Mainz auf. Dies zeigte sich nicht nur durch nach unserer Schätzung ca. 300 Cops der Bereitschaftshundertschaften und Bundespolizei vor Ort. Die doppelte weiträumige Absperrung des Bahnhofsbereichs mit Gittern führte auch zu einer nicht notwendigen Einschränkung aller Besucher*innen des Bahnhofs. Wer vom Bahnhof in die Innenstadt oder von der Innenstadt zum Bahnhof wollte, musste so über Stunden erhebliche Umwege in Kauf nehmen.
Noch ein paar Worte zum am 09.10.2020 wegen ein paar Reichsbürgern auf den Treppenstufen des Berliner Reichstags erlassenen Reichsflaggenverbot. Wir halten Verbote grundsätzlich für falsch. Der Staat setzt solche Repressionen sonst vor allem gegen die linke Bewegungen ein. Verbote entfernen weder Rechtsextremisten aus den staatlichen Strukturen, noch lassen sich diese vor Gericht durchsetzen. Auch mit dem expliziten Verbot von Reichsflaggen in Alzey verschaffte die Landesregierung so den Nazis nur einen gerichtlichen Erfolg. Nazis lassen sich nur durch entschlossenen Antifaschismus der Zivilgesellschaft zurückdrängen.
Inwieweit die aus der Not geborene nach Außen gezeigte Einigkeit der beiden rechtsextremen Kleinstparteien NPD und Die Rechte in der Zukunft hält, bleibt abzuwarten. Christian Worch gründete ursprünglich die neue rechte Partei, weil er mit dem biederen Auftreten der auf parlamentarischen Einfluss ausgerichteten NPD nicht einverstanden war. Er setzte auf den Straßenkampf der Neonazi-Kameradschaften. Dieser unterschiedliche Ansatz zeigte sich auch in Alzey, wo man die mit biederem Erscheinungsbild auftretenden NPD-Kader eines Jan Jäschke deutlich von den mit Nazi-Symbolen gespickten Kameradschafts-Nazis unterscheiden konnte.