AfD-Schläger vor Gericht: Verfahren vorläufig unter Auflagen eingestellt – Kommune und Antonio Amadeu-Stiftung profitieren

Am 30.06.2022 fand am Amtsgericht Ludwigshafen der Strafprozess gegen einen ehemaligen Mandatsträger der AfD (KV Ludwigshafen / Rhein-Pfalz-Kreis) statt. Andreas Mansky hatte einem Ende 2021 gegen ihn ausgestellten Strafbefehl über € 4.000,- fristgemäß widersprochen. Sein Mandat im Kreistag Rhein-Pfalz hatte er nach dem von ihm verursachten Eklat im Sommer 2021 später niedergelegt. Mutmaßlich ist Mansky noch Mitglied der rechtsextremen Partei. Ein angedachtes Parteiausschlussverfahren in Rheinland-Pfalz scheint verebbt zu sein. In der Hauptverhandlung standen drei Anklagevorwürfe der Staatsanwaltschaft Frankenthal im Fokus: Sachbeschädigung, Beleidigung und Körperverletzung. Unter Geldauflagen wurde das Verfahren vorläufig eingestellt.

Rückblende Juni 2021

Am 28.06.2021 fand eine reguläre Sitzung des Kreistag Rhein-Pfalz im Palatinum (Veranstaltungsgebäude im Eigenbetrieb der Gemeinde) in Mutterstadt statt. Aus Pandemiegründen, wegen des größeren Raumangebots, sollte die Sitzung dort unter 3G-Bedingungen stattfinden. Der Kreistag war Mietkunde der Gemeinde Mutterstadt an diesem Tag. Alle damals geltende Regeln zur Einhaltung des Infektionsschutzgesetz wollten die Veranstalter einhalten. Neben der vorgeschriebenen 3G-Kontrolle, gab es auch das Angebot vor Ort einen qualifizierten Covid19-Antigentest durchzuführen. Spender zur Handdesinfektion standen im Eingangsbereich des Sitzungssaals zur Verfügung. Alles lief nach Plan und problemlos bis zu dem Zeitpunkt, als Andreas Mansky (AfD) ankam.

Andreas Mansky bei Facebook (Screenshot)

Sachbeschädigung, Beleidigung und Körperverletzung: Anklage, Beweisaufnahme und Zeugenvernehmungen

Im Vortrag der Anklageschrift durch die Staatsanwältin S. (Referendarin in Frankenthal) wurden die Hauptvorwürfe klar benannt. Der Beklagte soll sich in mindestens zwei Fällen der Beleidigung schuldig gemacht haben. Des Weiteren habe dieser Sachbeschädigungen im Wert von zirka € 300,- begangen. Der Körperverletzung soll sich Mansky gegen über des Bürgermeister von Mutterstadt schuldig gemacht haben. Der vorsitzende Richter Pichelmeier ergänzte, dass bei den Sachbeschädigungen zwei Tatvorwürfe im Raum stünden.

Der Angeklagte, im ganzen Prozess sehr schmallippig, wenig wortgewandt und den Medienmenschen gegenüber im Gerichtssaal eindeutig negativ eingestellt, ließ durch seine Anwältin Kosian aus Speyer eine anwaltliche Erklärung verlesen:

Demzufolge hätte sich ihr Mandant im Juni 2021 am Tattag in einer Ausnahmesituation befunden. Ein Anschlag in Würzburg (*) hätte Mansky emotional aufgewühlt. Wegen des am Tattag niedrigen Coronainzidenzwerts hätte sich der Mandant über die in seinen Augen übertriebenen Hygiene- und Pandemieschutzmassnahmen zusätzlich echauffiert. Entlastend wertete die Anwältin die Tatsache, dass sich ihr Mandant förmlich bei vielen betroffenen Personen entschuldigt hätte. Nach dem Vorfall in Mutterstadt hätte sich Mansky in eine Fachklinik begeben. Psychische Auffälligkeiten wären die Diagnose gewesen (bspw. Schlaf- und Angststörungen). Deswegen soll ihr Mandant aus Waldsee vom Arbeitgeber, als Mitarbeiter im Wareneingang eines Industrieunternehmens, für sechs Wochen von der Nachtschicht befreit worden sein. Eine medikamentöse Therapie, damals begonnen und heute noch angewendet, soll wirksam sein. Ferner soll ihr Mandant eine Rechnung über rund € 500,- bezahlt haben, was die Neuanschaffung von zwei Handdesinfektions-Spendern des Palatinums angeht. Mansky bestätigte die Erklärung auf Nachfrage des Richters Pichelmeier.

Screenshot Facebook: Andreas Mansky beim BPT der AfD im Juni 2022 in Riesa

Pichelmeier fragte Mansky auch, was er nach der Abfahrt in Mutterstadt noch an diesem Abend gemacht hätte. Nach kurzer Beratung mit seiner Anwältin verweigerte Mansky die Aussage.

Auf Nachfrage des Vorsitzenden konnte der Beschuldigte keine plausible Erklärung abgeben, was dessen Bezug zu Würzburg wäre.

Kaum etwas konnte oder wollte der Angeklagte selbst zur Aufklärung beitragen. Außer, dass er sich in allen Punkten geständig zeigte. Eine Ausnahme bildete die Aussage von Mansky, dass er die Umsetzung des Infektionsschutzgesetz im Bund durch die Landesregierung in Rheinland-Pfalz für überzogen hielt.

Es waren drei Zeugen vor Gericht geladen:

M. (Organisationsleiter der Kreistagsverwaltung), S. (damals Auszubildender, jetzt Verwaltungsangestellter) und Hans-Dieter Schneider (SPD) und Bürgermeister von Mutterstadt.

Die Einlassungen vor Gericht der Zeugen M. und S. waren größtenteils deckungsgleich.

M. war wegen seiner Leitungsfunktion nur bedingt aussagefähig was sämtliche Tatvorwürfe angeht. Er hatte beobachtet, dass Mansky eine Station mit Handdesinfektionsmittel umgestoßen hat. Auch den zweiten Umwurf eines weiteren Geräts hat er gesehen. Zwischen beiden Vorfällen lagen 5-10 Sekunden, so der Zeuge. In der Folge hat Mansky Beleidigungen, wie „Wichser“ ausgesprochen und auch etwas von Würzburg gerufen. M. nahm auch vor Gericht die Entschuldigung von Mansky an.

S. sagte aus, dass er mit der 3G-Kontrolle beauftragt war. Mansky konnte keinen Nachweis erbringen. Das Angebot einen Schnelltest vor Ort zu machen, schlug der Beschuldigte mit den Worten aus: „Ich bin gesund“. Der Zeuge schätzte, dass zwischen den beiden Sachbeschädigungen maximal 30 Sekunden lagen. Die von Mansky vorgebrachten Beleidigungen bezog der Zeuge nicht auf sich selbst. Diese hätten wohl allen Personen im Foyer vor dem Sitzungssaal gegolten. Demzufolge negierte S. auch den Entschuldigungsversuch seitens Mansky vor Gericht.

Bürgermeister Schneider sagte aus, dass er in einem Nebenraum an einer Fraktionssitzung im Palatinum teilnahm und tumultartige Geräusche im Foyer vernahm. Eine Teilnehmerin hatte ihm gesagt, dass eine Desinfektionsstation auf dem Boden liegt. Kurze Zeit darauf, weniger als 60 Sekunden, hätte er wieder Lärm und Rufe wahrgenommen. Er hatte dann gesehen, dass auch eine weitere Desinfektionsstation am Boden lag und eine Person das Palatinum raschen Schrittes verließ. Er folgte dieser ihm bis dahin unbekannte Person mit Abstand, um anhand eines möglichen KfZ-Kennzeichens Schadenersatz fordern zu können. Mansky war ihm gegenüber nicht nur verbal sehr aggressiv. Dieser holte mit der Faust zum Schlag aus und verursachte damit eine Nasenverletzung. Dem Trittversuch von Mansky konnte er ausweichen. Die blutende Verletzung hat er erst nach Hinweisen aus seinem Umfeld im Palatinum realisiert. Daraufhin begab er sich, wegen einer gesundheitlichen Prädisposition, in ärztliche Behandlung und konnte somit verspätet der laufenden Sitzung des Kreistages folgen. Zu keinem Zeitpunkt hat er vorgehabt privatrechtlich gegen den Angreifer vorzugehen. In seiner Funktion als Bürgermeister tat er dies allerdings vollumfänglich („für alle infrage kommenden Taten“). Strafanzeige und Strafanträge unterschrieb er bei der Polizei in Schifferstadt, ohne wohl genau hinzuschauen. „Ich habe dort irgendwas unterschrieben“, so der Zeuge sinngemäß am Verhandlungstag.

Hans-Dieter Schneider (SPD) / Screenshot Homepage Gemeinde Mutterstadt

Die beschädigten Desinfektionsspender wurden von Mitarbeitenden des Bauhofs Mutterstadt nach der Attacke begutachtet und für den weiteren Gebrauch als unbrauchbar bewertet. Auch der damals frisch in Stand gesetzte Bodenbelag im Foyer wurde beschädigt.

Vollkommen überraschend zog Bürgermeister Schneider, nach Befragung durch den Vorsitzenden, den Strafantrag wegen Körperverletzung zurück. Noch überraschender: die Staatsanwaltschaft stimmte diesem Begehren zu. Schneider begründete seinen Schritt mit der Geringfügigkeit der erlittenen Verletzung und der bereits erfolgten Entschuldigung durch Mansky.

Beschlussfassung des Gerichts: Vorläufige Einstellung des Verfahrens unter Geldauflagen

Ansonsten üblich ist es, dass Plädoyers gehalten werden. Dies war diesmal nicht der Fall. Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung zogen sich zur Urteilsfindung zurück.

Richter Pichelmeier verkündete nach kurzer Beratung, dass das Verfahren vorläufig eingestellt wird. Dies insofern, als dass der beschuldigte Andreas Mansky bis spätestens 10.08.2022 folgende Zahlungen nachweislich geleistet hat:

€ 1.130,50 zur Wiedergutmachung an das Gemeindezentrum Palatinum (Mutterstadt) und € 869,50 als Spende an die Antonio Amadeu-Stiftung (Berlin); in Summe € 2000,- – der ursprüngliche Strafbefehl lautete € 4000,- .

Der reduzierte Betrag dürfte der Zurücknahme des Strafantrags wegen Körperverletzung durch den SPD-Bürgermeister Schneider geschuldet sein.

Mansky wollte dies mit der Spende an die Stiftung nicht gleich akzeptieren. Wollte Bedenkzeit. Der Richter machte ihm klar, dass dies das unverhandelbare Angebot ist; ansonsten würde das Verfahren gleich wieder eröffnet werden.

Zähneknirschend stimmte Mansky dann zu. Gewissermaßen wurde ein ehemaliger AfD-Politiker in Haftung genommen, so wie es sich seine demokratiezersetzende Partei so sehnlichst wünscht.

(Bericht: Rick de la Fuerte, Fotos: Rick de la Fuerte und wie angegeben)

 

(*) Würzburg

https://www.sueddeutsche.de/bayern/wuerzburg-gerichtsprozess-messerattacke-angriff-1.5570279

https://beobachternews.de/2018/04/16/wuerzburger-buendnis-fuer-zivilcourage-stellt-strafanzeige-gegen-afd/

https://beobachternews.de/2017/02/26/der-dritte-weg-war-absolut-unerwuenscht/